Rügen, Seefahrt und Riga

Route am 19. und 20.6.13
Route am 19. und 20.6.13

Danke für eure netten Kommentare! Ich bin nicht vergessen!!!

Heute ist der Blog etwas länger, da er über mehrere Tage geht.

Mittwoch, 19.06.2013, 8. Tag

Seefahrt

Heute ist der Tag der Seefahrt. Heute vormittag eine kleine und heute abend eine große. Doch der Reihe nach. Die Nacht war für mich wie in den letzten Tagen kurz. Gestern Abend habe ich noch des längeren im Internet eine Unterkunft in Riga gesucht. Booking.com ist die Web-Seite der Wahl. Es gibt in Riga hunderte Hotels und jede Menge im Altstadt-Bereich. Wenn schon Riga, dann ins Zentrum. Da hat man die Qual der Wahl. Um 23:00 und kurz bevor mich die Wirtin aus dem WLAN-Frühstücksraum rauskomplementiert hat, habe ich ein Hotel mittlerer Preisklasse (145 € für 2 Nächte inkl. Frühstück) in der historischen Innenstadt gebucht.

Nach wie immer lästigen Packen habe ich mich zum Hafen begeben, um die Touri-Kreidefelsen-Besichtigungs-Bootsfahrt mitzumachen.

Es fahren 2 Boote um 10:00. Am ersten Boot hält gerade eine Kiste. Eine Herde Rentner wird aufs Boot getrieben. Da das obere Sonnendeck auch ohne die Busladung gut gefüllt ist, wandere also zum 2. Boot. Auf dem befindet sich u.a. eine Schulklasse 15-16 jähriger. Ich nehme es trotzdem. Die Jugendlichen entscheiden sich dafür, auf dem unteren Deck rumzugröllen. Fast jeder hatte ein Smartphone in der Hand und Kopfhörer in den Ohren. Zum Teil im Groß-HiFi Format. Sich unterhalten war eher nicht angesagt.

Die 1,5-stündige Bootsfahrt war wie der Blick auf die Kreidefelsen unspektakulär. Ganz nett, aber mehr auch nicht. Danach bin ich mit dem Moped auf dem Landweg zu den Kreidefelsen, genauer gesagt zum „Kaiserstuhl“, dem mit 110 m höchstem Felsen. Nur kam man nur bis zu einem Bus-Shuttle Parkplatz. Fürs Moped Parken 1,30€ und für den Bus 3,20€. An der Steilküste hätte man nochmal 7,50€ fürs Visitor-Center und die Aussichtsplattform bezahlen müssen. Immerhin konnte man von dem benachbarten Felsvorsprung den Kaiserstuhl sehen. War aber auch nicht so spannend.

Wenn schon da, dann auch die 410 Stufen gut 100 m runter zum Strand runter. Geloht hat die ganze Anstrengung nicht. Normaler Ostseestrand und von unten sah man die Kreidefelsen kaum.

Ich hatte noch Zeit und bin in Richtung nördliche Inselspitze. Aber auch hier: die letzten 2 km zum Leuchtturm auf „Kap Ancona“ waren auch nur wieder per Shuttle zurück zu legen. Auch ein Geschäftsmodell: man mache aus fast nichts möglichst viel Bohai, verlange überall Eintritt und die Touris kommen. Ich jedenfalls hatte die Faxen dicke und bin zurück nach Sassnitz. An Ufer des Stadthafens gab‘s noch einen schlechten Eiskaffee.

Es war 15:45 und ich habe am Hotel meine Gepäck, sprich den Seesack, den Küchenkoffer und meine Klamotten-Tasche aufgeladen. Dann die 10 km zum Fährhafen.

Es ist in erster Linie ein Frachthafen. Nach dem holen der Bordkarten sollte ich zum Terminal fahren und mich anstellen, da noch kein Bording war. Ich hatte allerdings wenig Lust, in der prallen Sonne lange zu warten und bin einfach vorbei zum Schiff gefahren, das schon am Anleger lag. Ein großer Pott, auf den offensichtlich ganze Züge sollten. Über die Schienen bin ich zum und über die Rampe aufs Schiff gehoppelt. Da weit und breit niemand da war, habe ich das Moped nach Gutdünken abgestellt und bin zur Rezeption. Dort war tatsächlich jemand. Seine Frage „Wie kommen Sie denn aufs Schiff?“ habe ich wohl irgendwie zufriedenstellend beantwortet. Der Mann war nicht stur und gab mir sogar den Kabinenschlüssel. Aber erst hat er noch jemand fürs verladen angerufen und ich musste noch mal zum Motorrad, um es richtig abzustellen.

Meine Kabine ist der Luxus. Ein großes „Wohnzimmer“ mit Schreibtisch, Sofa, Sessel und Tisch plus einen getrennten Schlafraum plus geräumiges Bad. Die Commodore Kabine. Größer als manches Hotelzimmer. Auf dem Tisch stand eine Schale mit frischem Obst. Von beiden Räumen große Fenster nach vorne in Fahrtrichtung. So ist's recht.

Insgesamt merkt man jedoch, dass dies eine Frachtfähre ist und kein Kreuzfahrtschiff. Die Bars und das Restaurant sind eher einfach. Aber es gibt kühles Bier und warmes, wenn auch nicht besonders schmackhaftes Abendessen. Beim Bierchen draußen auf dem Sonnendeck bin ich mit Uli, einem Transalp-Fahrer aus Leipzig ins Gespräch gekommen. Er war alleine unterwegs, da er wegen eines kaputten Kühlerlüfters umkehren musste und seine Kumpels vorgefahren waren. Erwähnen tue ich dies, weil mir erzählt hat, dass der neue Lüfter laue 450 €, ohne Einbau, gekostet hat. Japan-Wucher!

Fazit Rügen:

Wohlwollend ausgedrückt ist die Insel unspektakulär. Weniger wohlwollend langweilig. Nervig wegen der Abzocke an jeder Ecke, obwohl es echt nicht viel zu sehen gibt. Schon jetzt ziemlich voll mit Touris, obwohl noch gar nicht richtig Saison ist. Aber die Hafengegenden in Sassnitz und Strahlsund haben mir aber ganz gut gefallen. Nett zurecht gemacht. Ansonsten ist Rügen wenig reizvoll, vor allem wenn man die dänischen Ostseeinseln kennt.  Ich seht schon: Rügen ist abgehakt.

 

 

Donnerstag, 20.06.2013, 9.Tag

Litauen und Lettland

Die Nacht und auch die ganze Überfahrt nach Klaipeda war relaxed. Ruhige See und ruhige Kabine mit komfortablem Bett. Vormittags habe ich noch mit Uli gequatscht. Irgendwie finden sich Motorradfahrer immer und man kommt leicht ins Gespräch.

Das Wetter war ziemlich warm und schon mächtig transpirierend in der Moped-Kluft gings ab in Richtung Riga. Der einzige Zwischenstopp war bei einer Kuriosität bei Siauliai in Litauen. Dort stehen auf und um einen kleinen Hügel 10000-de von Christus-Kreuzen (siehe Foto unten). Aus Holz, aus Metall, einfach, verziert, von ein paar Zentimetern bis mehrere Meter groß. Sehr wunderlich. Oder auch nicht. Die Religionen haben schon mehr merkwürdiges hervor gebracht.

Es wird immer schwüler und der Himmel zieht zu. Ein paar Kilometer vor Riga fängt es an zu regnen. Und es ist schon 19:30, da die Fähre erst um 14:00 ankam und ich nun 300 km Landstraße hinter mir habe.

Die Unterkunft ist in der Altstadt. Ein Gewirr von kleinen Gassen, Einbahnstraßen und Fußgängerzonen. Und trotz Regen jede Menge Leute unterwegs. Für das GPS habe ich für die baltischen Länder keine routingfähigen Karten. Ich behelfe mich mit Luftlinien-Navigation zur LAT/LONG Koordinate des Hotels. Mit den Einbahnstraßen kein leichtes Unterfangen. Zwar nur noch 150 m in 230 Grad, aber wie hinkommen?

Als ich etwas ratlos an einem großen Platz mit Cafe’s stehe, fragt mich ein deutscher Touri, ob er mir helfen kann. Er war stolzer Besitzer eines Innenstadt-Plans. Das Hotel war direkt um die Ecke und liegt an einer schmalen Gasse ohne Auto-Verkehr. Man kann es als gediegen betrachten. Geräumiges Zimmer. Geschafft.

Parkplätze sind hier knapp, aber 30m weiter ist ein bewachter Parkplatz. Die umgerechnet etwa 50 € für 2 Auto-Nächte kann ich auf 14 € für das Motorrad runterhandeln.

Nach der Dusche und örtliches Geld holen laufe ich noch ein bißchen durch die Gassen. Es hat aufgehört zu regnen, es ist warm und hier scheint die ganze Innenstadt Party-Zone zu sein. Jede Menge Restaurants und Kneipen, überall Live-Musik. Es gibt auffallend viele hübsche Mädchen. Die Röcke kurz, die Kleidchen dünn und die Heals richtig high! Vielleicht ist meine Wahrnehmung nach der Woche unterwegs nicht ganz objektiv, aber männliche Wahrnehmung von Frauen ist dies ja immer.

Mein Absack-Bier gibt es im Rockabily-House, einer Open-Air Kneipe auf einem Platz in der Nähe vom Hotel, in der eine Rock’n’Roll Band spielt. Und das gar nicht schlecht. Vor der Bühne tanzen ein paar Leute Boogie-Woogie.

Zurück im Hotel buche ich noch eine Unterkunft in Tallin. Und dann Bu-bu.

Gedanke des Tages:

Nimm‘ die Dinge hin, wie sie passiert sind!

wunderlich...
wunderlich...

Freitag, 21.06.2013, 10.Tag

Riga

Der Himmel ist wieder blau und es wird heute über 30 Grad warm werden. Und der erste Tag meiner Reise, an dem das Moped Pause hat. An der Rezeption gibt es einen Prospekt mit einem Vorschlag über eine Besichtigungsrunde durch die Altstadt mit den Sehenswürdigkeiten. Zunächst zum Peters-Dom, auf dessen Turm man rauf kann. Mit über 120 m angeblich der höchste im Baltikum. Der Ausblick kostet 7 €, aber was soll’s.

Ich wandere durch die Gassen und schwitze. Im Dom von Riga spricht mich Helmut aus Göttingen an. Er erklärt mir die Kirche und weiß einiges über die Geschichte von Lettland. Er redet und redet über dies und das. Ich kann ihn nicht recht einschätzen und bin etwas misstrauisch, aber mal sehen vorauf das Ganze hinausläuft. Für eine Geschichte ist die Sache allemal gut.

Er arbeitet nicht mehr und verbringt seit Anfang der 70-ger Jahre mehrere Monate im Jahr in Riga, wo seine Vorfahren herkommen. Er kennt sich bestens in der Stadt aus und beim Schlendern durch die Straßen erklärt er mir manches. Zum Beispiel zeigt er mir das Haus, in dem Heinz Erhardt (für die Jüngeren: ein deutscher Komiker) gewohnt hat. Am Ende gehen wir zum Kaffeetrinken in ein Nicht-Touri-Cafe, in dem er jeden Tag frühstückt. Tatsächlich gut und halb so teuer wie an den großen Plätzen. Was er früher noch zu sozialistischen Zeiten hier gemacht hat, war nicht rauszukriegen. Jedenfalls schwärmt er für dieses Land und für Riga.

So, nun noch etwas im Hotel relaxen und dann mal sehen, was es heute abend so gibt.

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Kommentare: 1
  • #1

    Knud Peters (Freitag, 21 Juni 2013)

    Hi Jürgen,
    nachdem ich selbst für kurze Zeit verreist war, habe ich mir erst einmal die gesamte Chronik seit Deiner Abfahrt in Kiel gelesen. Viele Eindrücke, die Du im Rahmen dieser Anfangsetappe schon gesammelt hast. Die Touristenabzocke ist leider ein globales Problem. Ich denke aber, dass es in Skandinavien nicht so ausgeprägt ist. Weiterhin gute Fahrt und liebe Grüße,
    Knud