Von Tallinn nach Oulu

Liebe Leser;

in Ermangelung eines Internet-Zugangs in den letzten Tagen gibt es einiges nachzutragen. Hier wieder Tagebuchartig. Mal sehen, wie weit ich komme, da immer wieder das Internet aussteigt.

3-Tages-Track
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Suchbild: Wer hat wohl am meisten Zeugs dabei ?
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Montag, 24.06.2013

Von Tallinn nach Helsinki

Heute Morgen im Hotel war beim Frühstück gewühle. Mindestens 2 Busladungen älterer Leute versuchen, die ersten am Buffet zu sein. Man könnte meinen sie hätten Angst das dies das letzte Frühstück in ihrem Dasein ist.

An der Fähre treffen ich andere Motorradfahrer aus Deutschland, Slowenien, Finnland, Russland. Die meisten sind entweder auf Harley oder BMW GS Boxer unterwegs. Ziele sind Ostseeumrundungen oder im Fall der Slowenen Moskau.

Auf der Fähre habe ich nun den 60. Breitengrad nach Norden überschritten. Dieser verläuft durch die Straße von Finnland, wie dieser Teil der Ostsee heißt.

In Helsinki bin ich direkt zum Campingplatz, der etwa 14 km vom Stadtzentrum weg ist. Nach dem Zelt aufbauen habe ich mir erst mal einen Tee gemacht. Dank an Bernd für die Leihgabe des Benzin-Kochers! Dieser kam zum ersten Mal auf der Reise zum Einsatz und funktioniert bestens.

Es ist schon erstaunlich, weil viel Zeug nach dem auspacken so in der Gegend verteilt rumliegt. Auch im Zelt ist das reinste Chaos. Zum Glück stehen auf der Zeltwiese ein paar Bände mit Tischen. Richtig Komfort.

Helsinki: Vom Camping-Platz zur Innenstadt von Helsinki. Mit dem Moped gut 10 Minuten. Die Stadt ist noch nicht sehr alt (nach einem Brand wurde die Stadt neu geplant und bis Mitte des 20. Jahrhunderts wieder aufgebaut). Von einer richtig alten Altstadt kann man somit nicht sprechen. Alles wirkt weitläufig und großstädtisch.

Auffälligkeiten: Viele Straßenbahnen, viele Fahrradwege. In Helsinki ist die Wahrscheinlichkeit, von der Straßenbahn oder einem Radfahrer überfahren zu werden größer als von einem Auto. Die Preise in Helsinki: 3 € für eine Kugel Eis. 14 € für einen Hamburger. Wie geht das? Verdienen die Finnen so viel?

Noch schnell im Supermarkt das Abendessen eingekauft (Salat, finnisches Brot und Käse und Milch für’s Frühstück) und zurück zum Zeltplatz. Eine neue Prämiere: Schwimmen in der Ostsee bzw. dem Schärenarm hier oberhalb des 60. Breitengrads. War o.k., das Wasser hat angeblich 20 Grad.

Nebenan zeltet ein Motorradfahrer aus den Niederlanden, mit dem ich mich ganz nett unterhalten habe.

Ich bin gespannt, wie die erste Nacht im Zelt so wird. Das letzte mal war ich 2005 auf einer Motorradreise mit Bernd in Italien zelten. Es ist jedenfalls schön, viel draußen zu sein.

Der Gedanke des Tages: In Helsinki gibt es deutlich mehr Finnen als in meiner Surftasche.

Dienstag, 25.06.2013

Von Helsinki Richtung Oulu

Heute wurden mir auf meiner Reise neue Begegnungen und Geschichten geschenkt.

Der Plan für heute war, etwa die halbe Strecke von Helsinki nach Oulu zu fahren. Nun sind es in Ermangelung eines passenden Campingplatzes 450 km der 600 km geworden.

Für etwa 100 km bin ich von der Hauptroute runter und auf Nebenstraßen gefahren. Leicht hügeliges Land, Seen und natürlich Wälder. Nicht spektakulär, aber eine schöne Landschaft.

Die erste Begegnung: Bei einem Halt spricht mich ein Autofahrer an. Andre aus Köln will sich ein bißchen unterhalten und lädt mich auf einen Kaffee im nächsten Ort, 25 km weiter, ein.

Er hat ein Ferienhaus auf einer Insel, die ihm zu 2/3 gehört. Es gibt nur noch ein weiteres Haus dort.

Wie unterhalten uns über dies und das und Finnland im Besonderen.

Auf dem Campingplatz habe ich für 35 € eine winzige Hütte gemietet, da dunkle Wolken im Anzug waren. Später regnet es auch. Ich gehe noch schwimmen und dann in die Gemeinschaftsküche, um mir ein Brot zu machen, Tee zu kochen und zu schreiben.

Die zweite Begegnung: Ich sitze in der Gemeinschaftsküche. Tee gekocht und gegessen habe ich schon und bin dabei, die Fotos von heute auf den PC zu kopieren.

Herein kommt Hans aus Hagen in Westphalen. Mit seinen 73 Jahren ist er mit seinem Trecker, Marke Eicher, bis hierher gefahren. Reisegeschwindigkeit: 25 km/h. Von Hagen nach Travemünde und dann mit der Fähre nach Helsinki. Von Helsinki die 450 km bis hierher. Er ist auf dem Weg zu einem Trecker-Treffen hier in Finnland. Hinter dem Trecker hat er einen ausgebauten, geschlossenen Anhänger als Wohnwagen-Ersatz. Dabei hat er noch Teile seiner preisgekrönten Eisenbahn im Maßstab 1:32, die er auf dem Trecker-Treffen ausstellen will.

Recht hat er: immer aktiv bleiben.

Der Gedanke des Tages: Sei offen für das, was kommt.

Hans, der Treckerfahrer
Hans, der Treckerfahrer

Mittwoch, 26.06.2013

Bis nach Oulu

Endlich mal eine ruhige Nacht in meiner Mikro-Hütte. Heute Morgen habe ich mir Zeit gelassen, da ich nur noch 200 km bis Oulu fahren will. Tut gut. Nach dem Schwimmen gemütlich Frühstücken, mit Hans dem Treckerfahrer klönen und packen. Um 12 Uhr geht’s los und um 14:30 bin ich auf dem Campingplatz in Oulu.

Es ist richtig warm, so etwa 28 Grad und blauer Himmel. Ich miete wieder eine Hütte. Diesmal kostet sie 40 €, ist aber 4x so groß mit Kühlschrank und Kochplatte.

Nach dem Abladen und Auspacken, oder auch der Erzeugung des üblichen Chaos, gehe ich in der Ostsee schwimmen. Das Wasser hat so etwa 20 Grad. Soweit nördlich schwimmen kommt so bald nicht mehr vor. Am Strand ist Trubel wie in Rimini.

Dann ins Zentrum von Oulu. Viel zu sehen ist nicht, aber am Wasser ist ein Platz mit einigen Kneipen und Fressständen. In gönne mit einen Teller mit kleinen frittierten Fischen und Lachs. Sehr lecker. Danach ein Bier (0,4 l für landesübliche 6,50 €) draußen bei Livemusik. Allerdings neige der Künstler (Gitarre und Gesang) etwas zu finnischen Schwermut.

Am Platz standen noch eine Menge Motorräder, darunter einige cool zurecht gemachte Harleys. Nach den Kutten war die Oulu Fraktion der „Devils Hammer“ da.

Zurück zum Zeltplatz habe ich mich ganz nett bei einem Kaffee mit einem holländischen BMW-Fahrer unterhalten, der auch zum Nordkap und an der norwegischen Westküste Richtung Süden will.

Ich habe mich aber ans alleine fahren gewöhnt und genieße die Unabhängigkeit. Deswegen habe ich nicht gefragt, ob wir ein Stück gemeinsam fahren wollen. Ihm geht es wohl ähnlich.

Zum Polarkreis ist es nicht mehr weit. Ich bin hier schon auf dem 65. Breitengrad und Nachts wird es nicht mehr richtig dunkel.

Der Gedanke des Tages: Nicht über die Hitze jammern, kalt ist es noch genug.

Das ist mal 'ne Side-Pipe...
Das ist mal 'ne Side-Pipe...

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Kommentare: 4
  • #1

    Knud Peters (Donnerstag, 27 Juni 2013 09:31)

    Hallo Jürgen,
    Du hast ja schon fast den nördlichsten Punkt der Ostsee erreicht. Witzig, was es für Menschen gibt. Die Geschichte mit dem Treckerfahrer fasziniert mich. Weiterhin gute Fahrt und viele Grüße,
    Knud

  • #2

    Dirk Uhlitzsch (Donnerstag, 27 Juni 2013 21:11)

    Hallo Jürgen,
    wenn Du in dem Tempo weiter reist, dann bist Du nächste Woche wieder zurück in Geisenfeld :)
    Deine Erlebnisse lesen sich spannend, weiter so.
    Klugscheißermodus EIN:
    Eins muss ich noch klarstellen: Ich komme aus dem schönen Nordrhein Westfalen, wo Westphalen ist, weiß ich nicht ;)
    Ich habe gerade gegoogelt: Unter Napoleon Bonaparte gab es mal ein Königreich Westphalen usw.
    Klugscheißer-Modus AUS
    Viele Grüße, Dirk

  • #3

    Andrea (Donnerstag, 27 Juni 2013 21:37)

    Hallo Jürgen,
    schön mal wieder von dir zu hören. Die Begegnungen klingen ja spannend (vor allem der Treckerfahrer). Viele tolle und interessante Treffen wünsche ich dir noch!
    Gruß, Andrea

  • #4

    Michi (Freitag, 28 Juni 2013 19:51)

    Hi Jürgen,
    Ich bin heute am 12. Breitengrad angekommen...24 Grad (Monsun-) Regen, von wegen der kalte Norden und der warme Süden.
    Mal schauen, vll. beginne ich ja morgen mit meinem Blog, jetzt muss ich erst mal Schlaf nachholen.
    Gute Fahrt noch
    Best wishes from India
    Michi